Viele Bergbahnen kennen ihre Gäste nicht
Die meisten Mitteleuropäischen Bergbahnen kennen eigentlich nur Saisonkartenbesitzer richtig gut. Bei diesen werden persönliche Informationen über die Besitzer gesammelt und die Besuche in dem Skigebiet können verständlich nachvollzogen werden. Allerdings stellen diese „Dauerkartenbesitzer“ nur einen kleinen Anteil (in der Regel weniger als 2%) der Gäste für Bergbahnen. Die meisten Besucher kaufen ihre Einzel- und Mehrtageskarten mehr oder weniger anonym direkt an den Bergbahnkassen und können somit keinem strukturierten Kunden- oder Verhaltensmuster zugeordnet werden.
Neben den geringen Saisonkartenbesitzern hängt die mangelnde Datennutzung laut Prof. Lütolf vor allem auch mit dem sehr geringen Anteil im Onlineverkauf zusammen. Die meisten Tickets werden immer noch direkt am Schalter verkauft. Somit können kaum verlässliche Daten über die Gästestruktur der Bergbahnen gesammelt werden, welche jedoch kritisch für eine datengestützte und somit verlässlichere Planung sind.
Möglichkeit 1) Personalisierte Datensammlung durch Online-Verkaufskanäle
Daten sind heutzutage für jedes Unternehmen ein immer wichtigerer immaterieller Wert, auch für Bergbahnen. Dabei sind verlässliche und strukturierte Daten unerlässlich für die Planung und Vermarktung von personalisierten Dienstleistungen.
Im Onlineverkauf können gezielt Informationen über jeden Kunden gesammelt werden, wann und wie viele Tickets gekauft werden, sowie ob und wann derselbe Nutzer erneut Tickets kauft und ob er Mehrtageskarten oder Einzeltageskarten bevorzugt. Das sind sehr wertvolle Daten für die richtige Ansprache von Kunden, die heutzutage den meisten Skigebieten nur sehr beschränkt zugänglich sind.
Besonders im Marketing besteht noch sehr viel Potential durch Datensammlung. Kunden können mit den richtigen Daten gezielt beworben werden. Zum Beispiel Kunden im Pensionsalter, die normalerweise nur am Wochenende kommen, können mit Rabatten unter der Woche beworben werden. Kunden, die nur in der Hauptsaison kommen, werden mit attraktiven Angeboten in der Nebensaison gelockt, ohne dass die Preise für alle Kunden reduziert werden müssen. Das Bergbahnunternehmen muss allerdings bereit sein für personalisierte Angebote bzw. Preise. Kritisch anzumerken ist, ob der Kunde den Bergbahnunternehmen die Daten überhaupt geben will. Wichtig ist daher, dass die richtigen Anreize gesetzt werden können.
Mit Hilfe von verlässlichen Kundendaten könnte auch das Gästeaufkommen besser eingeschätzt werden. Daraus erfolgt eine bessere Planbarkeit. Wenn Skigebiete noch besser einschätzen können, welche und wie viele Besucher kommen werden, können sie zum Beispiel den Personalbedarf besser planen. Die Folge können zum Beispiel kürzere Wartezeiten an der Kasse oder in der Restauration sein.
Möglichkeit 2) Dynamische Bepreisung von Einzel- und Mehrtageskarten
Prof. Lütolf meint, dass Schnee– und Wettersicherheit in der Bepreisung der Tickets eine Rolle spielen sollten. Je höher das Risiko für schlechte Verhältnisse einzuschätzen ist, desto mehr Rabatt muss gegeben werden. Wichtig ist, dass die Preise bei guten Bedingungen etwas erhöht werden können. Ansonsten dürfte ein dynamisches Preissystem wenig Aussichten auf Erfolg haben.
Für Mehrtageskarten scheint die dynamische Bepreisung effektiver zu sein als für Tageskarten. Zum einen weil Ferien oft frühzeitig geplant werden müssen. Zum anderen dürfte das Wetterrisiko mit zunehmender Aufenthaltsdauer abnehmen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Wetter zumindest an ein paar Tagen mitspielt, ist hoch. Bei Residenzgästen ist in einigen Destinationen zunehmend zu beobachten, dass anstelle einer Wochenkarte nur noch einzelne Tageskarten gekauft werden, falls das Wetter stimmt. In diesen Fällen kann sich der Verkauf von Mehrtagespässen mit Frühbucherrabatt besonders lohnen. Für stark von Tagesgästen frequentierten Destinationen, welche typischer Weise in der Nähe von größeren Städten liegen, dürften andere Schwerpunkte der Kundenansprache erfolgsversprechender sein.
Dynamic Pricing könnte auch im Sommer Potenzial aufweisen. Einige Bergbahnunternehmen an touristischen Hotspots sind bei gutem Wetter nahe an ihrer Kapazitätsgrenze. Online-Buchungen mit garantierter Abfahrtszeit, wie sie von einzelnen Bergbahnunternehmen bereits praktiziert werden, bieten dem Kunden einen großen Mehrwert. Für einen solchen Service sind viele Gäste bereit auch mehr zu bezahlen, so Prof. Lütolf. Der Schritt zu einer dynamischen Bepreisung ist dann nicht mehr weit. Womöglich lässt sich der Andrang damit etwas besser steuern und der Ertrag der Bergbahnen erhöhen.
Möglichkeit 3) Zusammenarbeit mit Hotels und weiteren Leistungsträgern
Eine Zusammenarbeit mit Hotels und weiteren Leistungsträgern wie Skischulen oder Skivermietern wäre äußerst wichtig. In der Hauptsaison stellen in den meisten Skigebieten die Hotels und Ferienwohnungen die Engpässe für die Gäste dar. Es würde hier Sinn machen, die Preise aufeinander abzustimmen, damit nicht die Bergbahnen Erträge in Form von Rabatten einbüßen, während Hotels von einer erhöhten Gästezahl profitieren, die durch die Rabatte der Bergbahnen verursacht wird. Die Ausgaben für das Skiticket dürften in etwa 10 bis maximal 20% der gesamten Wintersporturlaubskosten ausmachen. Ein Discount auf dem Skiticket von beispielsweise 25% reduziert die Gesamturlaubskosten daher nur um 2 bis 5%. Falls die anderen Leistungsträger den Frühbucher ebenfalls belohnen, könnte ein dynamisches Preissystem für den Gast deutlich attraktiver ausgestaltet werden.
Laut Prof. Lütolf sind die großen Skandinavischen Länder und die USA in diesem Thema im Vorteil. Dort betreiben Unternehmen oft ganze Resorts, welche sämtliche touristischen Leistungen aus einer Hand anbieten und so wertvolle Gästedaten sammeln können.
Angesichts der schwierigen finanziellen Lage vieler Bergbahnunternehmen wäreeine gezieltere Gästeansprache und eine daraus resultierende Umsatzsteigerung, zum Beispiel durch ein oder mehrere der besprochenen Möglichkeiten, sehr willkommen. Es ist wohl mit einer weiteren Verbreitung von dynamischen Preismodellen zu rechnen.
Über Prof. Dr. Philipp Lütolf
Prof. Lütolf ist Dozent und Projektleiter am IFZ Institut für Finanzdienstleistungen der Hochschule Luzern im Fachbereich Corporate Finance. Das IFZ beschäftigt sich schon seit mehr als 10 Jahren mit finanziellen Fragestellungen der Tourismusbranche. Neben Beratungsmandaten und Weiterbildungsangeboten für Bergbahnen ist Philipp Lütolf Autor diverser Studien zur Finanzsituation der Bergbahnen und des Handbuchs Bergbahnfinanzierung.
Zudem verfasst Philipp Lütolf für den Nebenwertehandel der Berner Kantonalbank (otc-X) schon seit mehr als 10 Jahren Aktienresearch für ausgewählte Bergbahnaktien. Für die Kuchen Hotel Projects AG ist Philipp Lütolf regelmäßig mit Finanzplanungen für Hotelprojekte (Neubau, Umstrukturierungen etc.) beschäftigt. Mehr Informationen finden Sie hier
Über Smart Pricer
Unser Team unterstützt Skigebiete, Kinos, Sportclubs und Entertainment Venues weltweit mit individuellen Lösungen um Ticketing-Umsätze und Auslastungen zu steigern. Mit mehr als 10 Jahren Erfahrung aus Airline Pricing sowie dutzenden Optimierungsprojekten ist Smart Pricer für viele der Ansprechpartner im Ticketing, wie der St Moritz Bergbahnen AG, Europas größter Kinokette Odeon-UCI, oder Berlins Bundesligaclub Hertha BSC. Smart Pricer unterstützt auch weiterhin Unternehmen dabei ihre Ticketing-Umsätze um +5-15% zu steigern.
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